ENGENHO (2008)

Commissioned work for the Ballet de Teatro Castro Alves, Salvador da Bahia (Brazil)

Premiere at Teatro Castro Alves, Salvador da Bahia, October, 17 &18, 2008

Dancers: Ballet de Teatro Castro Alves

 Costumes: Daniela & Jürgen Wedhorn/ Light & Stage: Isabelle Fuchs / Music: Boeing

Choreography: Felix Ruckert

 

Tournee: Santo Amaro, Teatro Dona Cano, Brazil, November, 13&14, 2008 /  Jequié, Centro de Cultura ACM, Brazil, November 26&27, 2008 /  Camacari, Centro Cidade do Saber, Brazil, December 11&12, 2008 /

 

 Full Video online:  ENGENHO PART 1   ENGENHO PART 2   ENGENHO PART 3  ENGENHO PART 4

 

Kurzpräsentation/ Konzeptuelle Ansätze zum Projekt ZUCKER für das Ballett Castro Alvez, Salvador da Bahia

Mögliche Titel: Zucker / Zuckerrohr / Zuckermühle (Engenho)

GRUNDTHEMEN: Gewohnheit, Rhythmus, Monotonie versus Ausnahmezustand, Dissonanz, Unterbrechung. Das Vorbestimmte und das Unberechenbare, Kontrast, Konflikt, Überlagerung. Dehnung des Raumes. Dehnung des Körpers. Überdehnung und Spannungsabfall.

RAUM: Multiszenisches, begehbares Projekt mit verschiedenen Spielflächen. Landschaft aus unterschiedlichen choreografischen Formen wie minimalistische, multidirektionale Repetition. /// Tanztheater, Rollenspiel, Installation. //// Sehr kleine Räume und sehr grosse Weite, Fragmentierung.

ZEIT: Repetition, Zyklen, Kreisläufe. Unterbrechung und Abbruch. Stille. Langsamkeit, Stillstand, Leerlauf. Polyrhythmie. Improvisationssysteme mit Einflussnahme einer Regie, Zufallselemente. //// Beziehung zur Life-Musik: (Boeing, Salvador): Die Life-Musik wird zum störenden unberechenbaren Moment, der Möglichkeit des Untergangs, des Einbruchs, der Invasion. Sie wird ergänzt durch eventuelle Einspielungen lokalen populären Materials.

KÖRPER: Machtverhältnisse, Fremdbestimmung, Anpassung. Auflehnung, Widerstand ////Ermüdung, Verbrauch. Auflösung /// Süsse, Droge, Energie, Weisses Pulver. Das Kristalline. /// Die Knochen. Das Blut. ///

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Kontext: Zuckerhut und Silberpfeil / Zucker – Gesellschaft- Umwelt (A rapadura e o fusca: cana – sociedade – ambiente)

 Multidisziplinäres Projekt des Goethe-Instituts Salvador-Bahia 2008

 Sehr wahrscheinlich sähe die brasilianische Gesellschaft und die Bevölkerungszusammensetzung des Landes heute ganz anders aus, wäre nicht das Zuckerrohr als Kulturpflanze im 16. Jahrhundert nach Brasilien eingeführt worden, um das Fundament der Plantagenwirtschaft und einer mit ihr verbundenen Gesellschaftsstruktur zu legen. Salvador mit seinem für den Anbau von Zuckerrohr geradezu prädestinierten Hinterland, dem Recôncavo wäre vielleicht nicht Brasiliens erste Hauptstadt geworden..

Aber natürlich wäre der Aufstieg Bahias in den Jahrzehnten nach dem Jahr 1600 ohne das sog. ‚Atlantische Dreieck’ undenkbar gewesen, der Zwangsmigration von Sklaven aus Afrika, um sodann aus Bahia Zucker nach Europa zu exportieren, das wiederum seine Manufakturwaren nach Afrika weiterreichte. So wie zunächst die gehobenen Gesellschaftsschichten, sehr rasch dann aber auch die breite Masse in Europa, nach Zucker gierte, so lechzt heute die Welt nach Energie. Der Fusca ist das Symbol für Brasiliens Industrialisierung in den 50er und 60er Jahren des 20. Jahrhunderts. Und Brasilien – mit seinem Programm der Substitution von Benzin durch Alkohol – war weltweit das Land, wo zuerst die Notwendigkeit des Ersetzens von fossiler Energie durch nachwachsende Rohstoffe gesehen wurde und das Wort von Brasilien als dem Saudi-Arabien der nachwachsenden Rohstoffe macht bereits die Runde.

Heute, wie vor 400 Jahren spielt Zucker (im Verein mit anderen nachwachsenden Rohstoffen aber auch anderen sog. alternativen Energien) wiederum eine Schlüsselrolle, nun nicht nur für die globale wirtschaftliche, sondern auch ökologische Entwicklung (Stichwort ‚Klimawandel’) und Deutschland ist Vorreiter bei der Entwicklung einer ganzen Reihe von nicht-fossilen Energieformen, wie Sonnen- und Windenergie, aber auch Biodiesel.

Deshalb legt das Goethe-Institut Salvador-Bahia für 2008 seinen Schwerpunkt auf das multidisziplinäre Projekt ‚Zuckerhut und Silberpfeil’: Zucker – Gesellschaft – Umwelt’ (‚A rapadura e o fusca: cana – sociedade – ambiente’):

Im diskursiven Teil dieses Projekts wollen wir zunächst die Rolle des Zuckers für Ökonomie und Gesellschaft Bahias und Brasiliens, im 1. Rohstoffzyklus des Landes, analysieren, danach aber als zentrale Fragestellung untersuchen die Auswirkungen des verstärkten Anbaus von Zuckerrohr heute in verschiedenen (in der Realität verschränkten, aber analytisch aufschlüsselbaren) Perspektiven:

  • ökonomisch (Beitrag zum BIP und zu den Exporten, mittelfristige Konkurrenzfähigkeit zu anderen Energieträgern weltweit, z.B. Wasserstoff, Sonnenenergie, aber auch speziell in Brasilien, Rizinus u.a.)
  • sozial (Zahl und Art der geschaffenen Arbeitsplätze, Auswirkungen der Nutzung von Zuckerrohr für die Treibstoffproduktion auf die Lebensmittelpreise, nicht nur, auf die im Titel angesprochene ‚rapadura’)
  • ökologisch (Problematik von Monokulturen)
  • international (Konkurrenz von Zuckerrohr zu anderen nachwachsenden Rohstoffen wie Mais, Zuckerrüben, Biodiesel, Rizinus aber auch Wasserstoff und Solarenergie)

Im nicht-diskursiven Teil des Gesamtprojekts ‚Zuckerhut und Silberpfeil: Zucker – Gesellschaft – Umwelt’ wollen wir

  • im Bereich Fotografie einen Fotowettbewerb mit dem Titel ‚Der Zucker und wir’ ausschreiben,
  • im Bereich der Bildenden Kunst einen deutschen Künstler (Jonathan Meese) zur Erstellung einer Installation zum Thema Zucker vor dem Goethe-Institut Salvador während des Karnevals 2008 einladen sowie im 2. Halbjahr eine Ausstellung deutscher und brasilianischer Künstler zum Thema organisieren,
  • im Bereich der Musik ein Konzert veranstalten,
  • im Bereich Theater und Tanz eine szenische Lesung und/oder Inszenierung eines noch zu identifizierenden zeitgenössischen deutschen Theaterstücks organisieren,
  • eine Filmreihe zum Thema vorführen.